Ich dachte, hier muss mal was hin. Ne kleine Story aus meiner Feder:
Aus der Schule des Lebens
Es war einer jener Tage, an deren frühen Nachmittagen ich mich mit meinen Mathematikhausaufgaben herumquälte. Thema Proportionalität, direkte und umgekehrte. Natürlich hatte ich keinen Bock darauf mir zehn Beispiele aus meinen Fingern zu saugen, die sich sehr viel lieber am Computer mit einem dieser Gewalt verherrlichenden Ballerspielen beschäftigt hätten. Also wollte ich jemanden aus meiner Familie fragen. Ganz unschuldig, wie immer, wenn einer von ihnen meine Hausaufgaben für mich erledigen sollte. Schließlich hatte das so jahrelang gut funktioniert. An jenem besagten Nachmittag jedoch sollte sich etwas bleibend verändern. Eine gewisse, begleitende Erscheinung hatte ich schon mit dem Wechsel von der Grundschule aufs Gymnasium feststellen müssen. Was hatten sie nicht alle geredet. Der Ernst des Lebens würde nun beginnen (bereits zum dritten Mal, nach der Einschulung und der Kommunion). Und ab sofort muss der Junge seinen Schlaf am Wochenende haben um die schwere Schule auch zu schaffen. Und selbstverständlich war auch der Anschlag auf die schönen Verhältnisse, in denen ich mich über vier wundervolle Jahre Grundschule eingerichtet hatte, schon damals nicht ausgeblieben: „Also, wenne gezz inne Oberschule gehs, mein Junge, dann werden wa dir wohl nich mehr lange weiterhelfn können. Du weiss ja, die Mama hat nix Richtiges gelernt und dein Papa hat selbs schon mit 16 nache Schule die Familie auffem Bau ernährt. Also, pass ma schön auf inne Schule, konzentrier dich damitte wat lerns. Dat is gezz alles für dein späteres Leben. Du solls das ma bessa haben, als wie deine Eltern.”Wie unschwer zu erkennen ist: ich war der auserkorene Stolz der Familie. Eine Weile hatte ich diesen bequemen Status Quo noch pflegen und aufrechterhalten können. Klar, so ein wenig gingen mir ihre lieb gemeinten Worte doch auch zu Herzen. Aber letztendlich schlängelte ich mich mehr schlecht als recht durch die neue Schule. Und das blieb ihnen nicht verborgen. Allerdings konnte ich das locker steuern. Aus Sorge um die „Zukunft von dem Jungen” und wegen einer gehörigen Portion Mitleid, weil nun alles so dermaßen schwer geworden war, dass ich in meinen Leistungen ja geradezu ein Stück abfallen musste, spielten sie mir alle in die Hand. Es war keine Kunst sie dazu zu bringen mir weiterhin den größten Teil meiner Hausaufgaben abzunehmen und mich zu unterstützen, wie ich es gewohnt gewesen war. Bis zu diesem Nachmittag, wie gesagt. Papa war noch auffe Maloche - ich hatte es irgendwann aufgegeben Mama das korrekte Sprechen beizubringen - und meine alte Dame kannte nun mal den Unterschied zwischen proportional und pups-egal nicht im Ansatz. Schicksal. Papa war in letzter Zeit nach der Arbeit immer etwas gereizt. Was entweder am Pülleken Bier zuviel oder zuwenig lag, die er sich den harten Arbeitstag über reinschlürfte. Den Absprung vom Mauern und Verputzen hatte er nie geschafft. Das Risiko, bei ihm in die aufgebaute Falle zu laufen und den Blitzableiter spielen zu müssen, erschien mir zu groß. Wenngleich er nach jedem Ausbruch der aufgestauten cholerischen Anfälle von Selbstvorwürfen geplagt zum reuigen Lämmchen wurde und sich wachsweich in meinen Kinderhänden formen ließ. Aber ich wollte den damaligen Tag nur ungern auf diesem Weg schreitend beenden um mein Mathe-Problem zu lösen. Also blieben noch Opa und Oma. Die beiden alten Herrschaften waren zwar schon seit einer Weile verdammt angestaubt, aber durchaus noch immer wieder mal für meine Bedürfnisse gut einzusetzen gewesen. Opa hing, leise vor sich hin schnarchend, im Liegesessel und träumte wahrscheinlich wieder von vergangenen U-Boot-Fahrten aus dem 1. Weltkrieg. Ihn da raus zu holen hätte mir eine Torpedierung mit alten Geschichten eingebracht, die ich beinahe auswendig mitsprechen konnte. Wieso bei alten Männern der Krieg immer wieder zum Lieblingsthema Nr. 1 glorifiziert werden musste ging mir nicht in den Kopf. In der Schule ballerten die uns in Deutsch und Geschichte ebenso voll mit dem ganzen deutschen Dilemma in zwei Kriegen, wie in Religion und Sozialwissenschaften. Und nach einem solchen Schultag waren meine Nerven irgendwie zu dünn um auch noch Opas Preis für seine Unterstützung meiner Hausaufgaben zu zahlen. Ich hätte ihm mein Herz offen halten müssen, damit er seines ausschütten konnte. Und das war exakt so gar nicht die Rollenverteilung, die mir vorgeschwebt hatte. Oma zu fragen hatte nicht unbedingt Sinn, denn bis ich ihre schwerhörigkeitsbedingte Ignoranz für mein Problem durchdrungen haben würde ... wäre Papa zuhause. Wohin ich auch sah, es gab nur Sackgassen. Außerdem war Oma gerade mit den Vorbereitungen zu einem ihrer persönlich höchsten Feiertage des Jahres beschäftigt: dem Start des anstehenden Sommerschlussverkaufes. Auf ihre ganz eigene Weise war Oma clever. Das konnte man gar nicht anders sagen. In ihrer beinahe geräuschlosen Welt wälzte sie Tage zuvor jede Zeitung und jeden Prospekt, dessen sie habhaft werden konnte. Um sich auch ja die nötige Markttransparenz zu verschaffen, die sie zum Homo Ökonomikus in Reinnatur mutieren ließ. In ihrer Bedarf-Kosten-Nutzen-Analyse war sie ebenso radikal wie effizient. Wie ein Mähdrescher im Kornfeld. Sie in diesem Zustand anzusprechen war reine Zeitverschwendung. Am Ende würde sie es geschafft haben mein Matheproblem erfolgreich zu ignorieren und mich stattdessen dazu bringen, mich zu verpflichten ihre ausgeklügelte Kaufstrategie in die Tat umzusetzen. Meine Alternativen unterschieden sich also lediglich nuanciert in der Wahl der Qual. Und meine Wahl fiel spontan auf das Aggressionen abbauende Ballerspiel nach dem mir sowieso der Sinn gestanden hatte, seit ich den letzten Löffel meiner Portion Erbsensuppe hinunter gewürgt hatte. Ich hasste Erbsensuppe, aber aus taktischen Erwägungen aß ich sie. Es gab in dieser Familie nun mal eherne Gesetze (und Eßgewohnheiten) die von Generation zu Generation heilig gehalten und weitergegeben wurden. Den Begriffsinhalt des Wortes Fatalismus hatte ich schon in meinen alten Kindergartentagen voll und ganz erfasst. Doch zurück zum Ziel meiner kindlichen Begierde: das Ballerspiel. Um da ran zu kommen musste ich an den Fernseher, in dessen Einflugschneise Oma saß. So schlecht wie sie hörte, so gut waren ihre verkniffenen Adleraugen. Das wusste ich genau. Zudem schien Oma über eine Art Erschütterungen ortendes Radarsystem zu verfügen. Keine Ahnung, wie sie das anstellte, aber in meinen Adern floss irgendwie viel zu wenig Indianerblut um es mit ihrer Fähigkeit aufnehmen zu können. Was also, sollte ich machen? Anschleichen und das Wagnis eingehen, oder mir den Kopf über der Proportionalität von irgendwas zu etwas anderem zerbrechen? Ich entschied mich für das Abenteuer. Zwar hasste ich es, wenn ich in einem Spiel auch nur den geringsten Einsatz riskieren musste - und sei es auch nur, die eigenen Pläne von einem Familienmitglied durchkreuzt zu bekommen - aber wer empfindet sich selbst schon gern als Feigling? Soviel Indianer war ich doch! Im sicheren Bewusstsein meiner eigenen Theorie, nach der ein angemessen erscheinendes Risiko auch belohnt werden würde, wenn man sich nicht allzu dämlich anstellte, verwandelte ich mich in eine lautlos schleichende Raubkatze. Leider hörte ich nicht auf die leise, innere Stimme, die murmelnd auf die Unwägbarkeiten des Lebens in der Großfamilie hinzuweisen versucht hatte. In jeder beliebigen Rechnung innerhalb meiner Familie gab es ein oder zwei Variablen zu viel. Auf etwa halbem Wege hindurch durch meinen Zielkorridor schrie Opa plötzlich in seinem ebenso markanten wie alles durchdringenden hanseatischen Akzent: „Tooorpeeeedooos klaaar. Rooohr Eins ... FEU-EEER!!!!”Ich erstarrte wie ein schockgefrorenes Kaninchen vor der Schlange. Aus den Augenwinkeln sah ich Opa wieder zurück in seinen tiefen Sessel sinken, ein zufriedenes Lächeln auf den blutleeren, bläulichen Lippen, als sei das Abfeuern eines Torpedos ein zutiefst entspannendes Ereignis. Oma allerdings war alles andere als entspannt. Und ich ... ich stand deckungslos mitten im freien Feld. Schutzlos ihrer vollen Aufmerksamkeit ausgeliefert. Das Verhängnis nahm seinen Lauf: „Junge, hol den Oppa aussem U-Boot, wir fahrn einkaufen!” Meine äußere Starre löste sich ein wenig. Innerlich begannen meine Gedanken zu rasen. Oma hatte zum Sturmangriff geblasen. Im absolut ungünstigsten aller Momente. Meine angenommene Raubtiernatur fiel vollends von mir ab. Jetzt galt es nachzudenken, wie ich ihr klar machen konnte, dass mein Part in ihren Vorstellungen vom geplanten Ausfall, hinein in die Schlacht um die unmodischen und schlecht vernähten Kleidungsstücke leider unbesetzt bleiben musste. „Och Omma ... ” , ich musste Zeit gewinnen. Das einzige was mir auf die Schnelle einfiel war der Rückzug auf meine noch zu erledigenden Hausaufgaben. Aber das würde etwas zu lahm klingen. Niemals würde Oma daraufhin locker lassen. Sie brauchte - so war es immer schon gewesen - Kundschafter, Läufer und Träger. Je mehr, desto besser. Papa hatte letztes Jahr scherzhaft angeregt „Vielleicht hettn wa se ein Walki-Talki zu Weihnachten schenken solln, damit se dat innen Schlussverkauf allet bessa ko-ohr-di-niern kann!”, als das ganze übrig gebliebene Winterzeugs im Februar verramscht wurde. Manchmal hatte Papa ja echt schöne Ausbrüche seines tief in ihm verborgen liegenden komödiantischen Talents. Natürlich hatte Oma den Spruch nicht mitbekommen. So sehr wie Papa schon groß war, so sehr war er noch immer Omas nicht völlig entnabelter, kleiner Junge. Und wie bestimmend Oma sein konnte, das erfuhr ich soeben selbst. „Geeertruud! (meine Mama ...) Bisse nich endlich fettich mittem Spülen?! Schwing die Hufe, Kind, wir wolltn in Schlussverkauf.”Ich horchte auf. Das klang nach einer Lücke in unser Omas Stacheldrahtgeflecht der Dominanz. Ihre Aufmerksamkeit war angesichts ihrer Aufbruchstimmung bereits wieder von mir abgelenkt worden. Die ihr ganz eigene Energie brach wieder einmal in alle Richtungen zugleich aus. Was mich ein wenig aus der Linie nahm. Opa nuckelte friedlich auf seinem Gebiss herum. Vielleicht gab es in U-Booten damals ja auch Erbsensuppe und er fühlte sich in seinem Traum richtig heimelig zurückversetzt in jene „gute alte Zeit”, während er jetzt unterbewusst die nachgeschmackliche Mischung aus fettem Pökelfleisch und weich gelutschten Erbsenresten genoss. Ich machte einen vorsichtigen Schritt in Richtung Fernseher. Nichts geschah. Mama bewegte sich aus der Küche auf uns zu. Was ich zwar nicht direkt sehen, aber am rhythmischen Zucken des Wasserpegels in der gläsernen Blumenvase auf dem Fernseher erkennen konnte. Immer wenn eines ihrer stempelartigen Beine einen der massigen Füße auf das schwingende Laminat brachte erzitterte das gesamte Mobiliar im Wohnbereich. Opa konnte gar nicht aufwachen, so sehr mussten ihn die ausgelösten Schwingungen von Mamas walzendem Gang an das sanfte Schaukeln der großen Ozeane erinnern. „Ja, Omma. Is alles fettich.”, piepste sie mit ihrem Fistelstimmchen, das mich die ersten Jahre meines vom TV begleiteten Lebens glauben ließ, sie sei die Synchronstimme von Tiffy aus der Sesamstraße. „Hömma, Junge! Hasse die Hausaufgaben auffe Reihe? Sonst kannse gleich hierbleiben.Und dat mit dem Ballerspiel, ja! Das schraubste auch maln bisken zurück!” Mein innerer Jubelschrei trieb mir ein breites Grinsen zwischen die Ohrläppchen. Ich hatte die Lösung. Angesichts des schlagartigen Bewusstwerdens der Genialität dieser Situation, nun allen Fliegen mit nur einem einzigen Schlag das Leben nehmen zu können, durchrieselte mich ein wohliger Schauer. Mein Lächeln erlosch und ich drehte mich zu ihr um. „Nein, Mama.”, nörgelte ich mit gespielt schlechtem Gewissen. Ich wusste, wie sehr sie auf diesen Ton stand. Mama sah in ihrer Schürze um die massige Region - wo andere eine Taille haben - zwar aus wie Conan, der Barbar nach exzessiver Hausarbeit, aber ihr mühsam pumpendes Herz, das leicht zu polieren (äh ... manipulieren) war, war aus Gold. „Bis auf Mathe habe ich alles fertig. Ich muss da was zum Thema Proportionalität zu Ende machen.” Ich schaute sie treuherzig an, ganz der folgsame, pflichtbewusste Junge, den sie sehen wollte und den zu zeigen auch wegen Oma nötig war. Das Wort Proportionalität hatte ich gerade ausreichend betont um es in Mamas Verstand einsickern zu lassen. Und zwar an eine Stelle, die es ihr nicht erlaubte nachzufragen. Das war eine meiner Taktiken, die es ausnutzten, ein instinkthaftes Verhalten auszulösen, welches eine gewisse Instinktlosigkeit für meine wahren Absichten begünstigte. Zugegeben, ich war manchmal etwas kompliziert in meinem Denken und der Wahl der Mittel, dafür aber auch der Stolz der Familie. Nun ja, Mama gab sich damit zufrieden und somit war die Fliege mit der Rückennummer Eins erledigt. Die Fliege mit der eintätowierten Zwei, unsere Oma, hatte begonnen an Opa herumzurütteln. Sie summte ihm dabei in sein linkes Ohr. Anders kann ich es nicht beschreiben. Es musste sich wohl ziemlich authentisch nach einer abgelassenen und nach unten sinkenden Wassermine anhören, die jedes auf Tauchfahrt befindliche U-Boot knacken konnte. Jedenfalls hatte diese Version ihres Weckrufes noch nie versagt. Opa zuckte zusammen, öffnete die altersschwachen Augen und realisierte justamente wo er sich befand. Er rülpste ein gedehntes „Uuaaarghhh ...” hinaus, bei dem ich mir sicher war, eine kleine grünliche Wolke vor seinem Gesicht erscheinen zu sehen, die jeden außer Oma ins Koma geschickt hätte. Für einen Moment gab auch mir die Erbsensuppe in einem leichten Aufstoßen meine Speiseröhre herauf bis ans Zäpfchen ihre Pfötchen. Aber ich unterdrückte diese wenig delikate Vision und nutzte die Gunst der Situation um mich fortzustehlen. Mama würde Oma in Schach halten und ihr meine Teilnahme an der Shopping-Tour ausreden. Zur Not konnten die beiden neben Opa ja auch noch meine Schwester einspannen. Ihr machte der Trouble nichts weiter aus und sie war dank ihres Bruders (meine Wenigkeit) präzise darin geschult, wie man den Erwachsenen der Familie das Geld für diverse Kleinigkeiten aus der Tasche ziehen konnte. Ich dagegen beschäftigte mich mit Fliege Nummer Drei, der letzten, die es in meinem lang gezogenen Schlag zu erledigen galt: mein Hausaufgabenproblem. Und nichts war nun leichter als das. Ich brauchte mich lediglich an die Ereignisse des letzten Kaufrausches zu erinnern: Nach Abschluss ihrer zwei Tage lang dauernden Vorbereitungen hatte Oma sich damals Opa geschnappt, mich und meine Schwester in Schlepptau genommen und Mama vor sich her geschoben. Bis zu Opas altem Auto, einem VW-Käfer. Mama hinters Steuer, Opa neben sie und Oma zwischen uns Kindern auf die Rückbank. Und dann ab durch die Karpaten und rein in die Hauptkolonie auf Schnäppchenjagd bei C&A und Karstadt. Mit der festen Absicht richtig zu Sparen ... Als erstes ging es auf die Kaufhaustoilette. Opa und ich fix vor das Pinkelbecken, Mama, Oma und Schwester rein in die Schlange vor dem Damenklo. Wo sie auch noch immer standen, als wir beiden Männer wieder raus kamen. Immerhin hatte mich Opas Gefluche wegen dem viel zu dünnen Toilettenpapier ein wenig unterhalten können. Ich hatte ihm gut zureden müssen, damit er aufhörte den verschüchterten Tamilen, der ein wenig für die angemessene Hygiene auf dem Pissoire sorgte, mit allen Schimpfworten der Sieben Meere zu bedenken. Meine innere Registrierkasse begann mit dem Zweimarkstück zu zählen, das ich Opa aus der Hosentasche fischte um den bedauernswerten Asiaten zu entlohnen. Der weibliche Teil der kaufwütigen Familie berappte pro Nase 50 Pfennig, wobei Mama allerdings schnell die Geduld ausgegangen war. Sie enthielt sich des Toilettengangs. Das machte also eine weitere Mark und ich war auf der Sonderausgabenseite bereits bei Drei. Was dann kam kann man sich denken. Die Klamotten, die Oma fein säuberlich, in tagelangem Mühen zum Kaufe auserkoren gehabt hatte ... waren schon am Vormittag vergriffen. War dann aber nicht so wild, sie kaufte einfach ein paar andere Brocken, weil die da schließlich gerade so herumlagen. Nach meiner internen Überschlagsrechnung erhöhte das die zuvor kalkulierten Ausgaben um außerplanmäßige 58 Emmchen auf 61 Deutschmark. Nachdem der erste rauschartige Anfall von Kaufwut etwas abgeklungen war wollte Opa sich in der Cafeteria ein verdientes Bierchen zischen. Woraus dann am Ende drei Pilsken a DM 2,50 wurden. In der Zwischenzeit hatte ich noch mal genau nachgerechnet und die innerlich mitgeführte Ausgabenseite auf exakte DM 64,10 korrigiert. Hinzu kamen dann die siebenmarkfuffzig für Opas blondschaumige Erfrischung, DM 3,60 für zwei Stückchen Pflaumenkuchen, die Oma hatte einwerfen müssen, DM 6,50 für ein Kännchen Kaffee, welches sie sich mit Mama teilte (man muss ja sparen wo man kann), sowie noch einmal DM 3,60 für zwei Cola, die sie mir und meiner Schwester nicht vorenthalten konnten. Machte summa summarum einen Zwischenstand von DM 85,30 an Sonderausgaben. Diese Summe hielt sich ziemlich beharrlich. Bis Oma ihre Liste endlich abgearbeitet hatte und wir Opas Kugelporsche im Parkhaus wieder auslösen mussten. Die aufzuwendenden fünfmarkfuffzig ließen mich die 90-Marks-Grenze locker überschreiten. Allerdings erschien mir das ein noch zu schlechtes Ergebnis zu sein. Ich wollte die Ein-blauer-Lappen-Hürde von DM 100,- knacken. Was sich mit ein wenig Fantasie auch locker bewerkstelligen ließ. Die wortlose Kommunikation zwischen mir und meiner Schwester war damals schon ausgereift genug um in stillschweigender Übereinkunft den notwendigen Ball ein wenig hin und her zu spielen: „Mama, ich hab’ Hunger von der ganzen Lauferei, lass uns doch nach McDonalds fahren.”, spielte sie einen wunderbaren Steilpass genau in meinen Lauf, den ich durch ein verstärkendes „Au ja! Das haben wir uns alle jetzt verdient.” mit kongenialer Perfektion traumwandlerisch sicher im imaginären Tornetz versenkte. Mama war hilflos, jegliche Abwehrleistung blieb aus. Also fuhren wir rein durch die McDrive-Schleife und orderten für ein Schweinegeld vier Pappburger in Altpapier plus vier weiterer Becher Cola, Größe extra-large. Einzig Opa kniff, was ich ihm in meiner Genugtuung angesichts der innerlich klingelnden Registrierkasse nicht weiter krumm nahm. Die 120,- Mark, die ich grob errechnete, stimmten mich froh. Aber auch dabei sollte es noch immer nicht bleiben. Die Stimmung in Opas alter Straßenschaukel begann langsam zu kochen. Opa war schon wieder eingeschlafen und kämpfte mit seinem Gebiss. Es war ein ungleicher Kampf, denn wie immer gewannen seine Zahnreihen und tropften aus dem schnarchenden Mund hinab in seinen Schoß. Während meine Schwester und ich damit begannen uns gegenseitig mit der Cola zu benetzen, rächte es sich so langsam bei Mama, dass sie bei Karstadt die Nerven verloren hatte und nicht pinkeln gegangen war. Erst der Kaffee und nun der halbe Liter Cola waren zu viel für ihre gewiss nicht kleine Blase. Also drückte sie auf die Tube. Bei Oma entlud sich die tagsüber aufgebaute Spannung in exzessiven Rosenkranz beten. Und dann, plötzlich - mitten hinein in diese schöne Familienidylle - blitzte es auf. Mama ging vor Schreck voll in die Eisen und schaffte es gerade noch direkt vor einem grinsenden Polizisten mit wedelnder Kelle zum Stehen zu kommen. Wie sich das Gesetz der Trägheit in diesem Moment auf Mamas überstrapazierte Blase ausgewirkt haben mag ist nicht überliefert. Ich denke, sie hatte sie erst mal aus dem Bewusstsein verbannt. Jedenfalls konnten wir nach dem schnellen und peinlichen Abwickeln der üblichen Kalamitäten fix weiter nach Hause fahren. Die 75,00 Öcken Bußgeld für die Geschwindigkeitsüberschreitung verbuchte ich selbstverständlich voller Befriedigung. Alles in allem beendeten wir diesen fröhlichen Nachmittag damals mit Extrakosten von beinahe 200,00 Märkern.
Und somit hatte ich nun, nachdem ich dieses köstliche Erlebnis noch einmal in Gedanken genossen hatte, die Lösung für meine Hausaufgaben in Mathematik: Proportional ist, wenn je mehr Leute etwas gemeinsam tun, umso mehr Mist wird verbockt. Umgekehrt proportional sind dann die Kosten im Verhältnis zum Gesparten. Ich war zufrieden mit mir. Ein Stündchen Belohnung, verbracht mit meinem Ballerspiel, hatte ich verdient. Gleich, wenn alle außer mir aus dem Haus und beim Geldsparen im Schlussverkauf sein würden...
@GSenChe, da fällt mir nun diese Werbung ein, die ne Zeit lang immer wieder in der Glotze lief: !Was, du kannst nicht lesen?! Das habe ich gar nicht gemerkt. Komm, das kriegen wir hin!"
-Schreib dich nicht ab - lern lesen.-
Schade, wenn dich die Länge des Textes abgeschreckt haben sollte. Wie wärs mit Erotik in Buchstaben, Worten, Sätzen, Absätzen?, bekomme ich dich damit für ein paar Minuten hungrig genug, damit du's durchstehst bis zum letzten Wort?
.. passen ja schlecht in die Rubrik "Fun". Auch kann ich persönlich "Krieg" zwar mit "Blut" in Zusammenhang bringen, aber so gar nicht mit "Ehre und Stolz".
Gibt es eine Zeit/Epoche, in der du lieber leben würdest, als in der heutigen? Und jetzt sag nicht "Anno 666."
Auch mein Kompliment ! Gut geschrieben - würde sagen ein gewisses Talent für sowas ist nicht zu übersehen, wenn ich mir das als Laie zu sagen erlauben darf.
Eine (mehrere) Frage(n): Warum, weshalb und schreibst Du viel/oft sowas/grundsätzlich ?
Sowas zieht man sich schließlich nicht "mal eben" so aus der Nase... geht ja schon in Richtung Hobby oder so !?
@ ZP: Danke für die Blumen. Ja, ich schrieb mal früher ne ganze Menge. Solche kurzen Geschichten, erotische Geschichten und Gedichte - von denen noch immer mal eines Platz in einer Anthologie findet. Und dann gibt es da noch einen veröffentlichten Gedichtband sowie ein Manuskript zu einem weiteren.
@ GSenChe: Dann sagt dir an Literatur vielleicht Fantasy zu? So was wie Conan der Barbar, oder aber - um Jahre daran zu lesen - "Das Lied von Eis und Feuer" (Autor: George R.R. Martin)
Ja das hat mir auch sehr gut defallen ! Kompliment auch von Mir ! wenn Du noch mehr von diesen sachen hast , vesuchs doch mal in ein Buch zu fassen. Es wäre schade darum wenn es in vergessenheit geraten würde. auserdem finde Ich das es eine technick hat zu schreiben die eines Schriftstellers würdig ist !
Zitat von spice snowJa das hat mir auch sehr gut defallen ! Kompliment auch von Mir ! wenn Du noch mehr von diesen sachen hast , vesuchs doch mal in ein Buch zu fassen. Es wäre schade darum wenn es in vergessenheit geraten würde. auserdem finde Ich das es eine technick hat zu schreiben die eines Schriftstellers würdig ist !
mfg spice snow
Merci. Aber zum Schriftsteller reicht es nicht. Vom Schreiben leben - da gehört sehr viel zu. Entweder man wird als mittelmäßiger Wiederkäuer von einflussreicher Seite protegiert. Dann kann man trash gut verkaufen. Oder man ist einfach außergewöhnlich gut, wird entdeckt und findet dann Financiers und Fürsprecher mit Einfluss.